Vor Kurzem stieß ich auf dieses Foto, das doch sehr treffend das Problem beim Übersetzen wiedergibt. Die ganze Anmerkung des Übersetzers John Ciardi findet sich in der bei Signet erschienen Übersetzung von Dantes »Inferno« (mehr dazu hier), und sie bedeutet sehr frei und „quick and dirty“ übersetzt:
Wenn die Geige wiederholt, was das Klavier gerade gespielt hat, kann sie nicht dieselben Klänge erzeugen und den Akkorden nur ungefähr entsprechen. Jedoch ist es ihr möglich, die erkennbar gleiche „Musik“ und Atmosphäre zu erschaffen. Dies gelingt allerdings nur, wenn sie sich ebenso treu bleibt wie der Vorlage.
Das benennt den Kernaspekt unserer Arbeit doch sehr gut, denn eine gute Übersetzung kann ich nur anfertigen, wenn ich einerseits dem Original treu bleibe, andererseits aber auch versuche, die deutsche Sprache (in meinem Fall, da ich ins Deutsche übersetze) bestmöglich einzusetzen, um den Ton und die Stimmung des Textes wiederzugeben.
Es ist und bleibt ein Drahtseilakt, denn man muss immer wieder entscheiden, wie und wo man bei der Übertragung des Ursprungstextes Abstriche macht, beispielsweise weil sich Formulierungen oder Redewendungen nicht so übernehmen lassen, und die deutschen Entsprechungen finden, die dem Werk gerecht werden.
Das gelingt mal besser und mal weniger gut, und allein der obige Abschnitt ließe sich schon auf so vielfältige Weise übersetzen, dass man die unterschiedlichsten Versionen erhielte …
Aber das ist ja auch das Spannende und Herausfordernde an unserem Beruf.
PS: Die ganze und lesenswerte „Translator’s Note“ ist übrigens hier bei Google Books zu finden.
Schreibe einen Kommentar