Im Zuge der Blogwichtelaktion im texttreff wurde ich von meiner Kollegin Katja Rosenbohm mit folgendem Beitrag beschenkt, für den ich mich noch herzlich bedanken möchte (ich hatte die Einleitung beim Veröffentlichen letzte Woche sträflicherweise vergessen – man möge es mir bitte verzeihen).


„Come in and find out“[1] – zum Wandel der Sprache

Es gibt viele verschiedene Arten von Sprache, allein der Duden zählt an die fünfzig Arten auf: von der Alltagssprache über die Fachsprache bis hin zur Sportsprache. Neue Begriffe kommen hinzu, andere werden abgelöst, eine lebende Sprache befindet sich eben immer im Wandel. Für mich als Lektorin und Texterin gehört Sprache zum Handwerkszeug, ich habe tagtäglich mit ihr zu tun.

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Warum nicht „Mittags wieder geöffnet“? – Foto:Katja Rosenbohm

Wir wissen: Wenn Sprache aufhört sich zu verändern und anzupassen, ist sie irgendwann keine lebende Sprache mehr. Aber gerade der Einfluss aus dem englischsprachigen Raum auf die deutsche Sprache lässt viele Emotionen aufkommen. Doch was genau sind eigentlich Anglizismen?

Anglizismen

Unter dem Begriff Anglizismus versteht man zunächst einmal Wörter, Wortgruppen, Wortbestandteile oder ganze Sätze, die aus dem Englischen ins Deutsche übernommen wurden. Diese Übernahmen können den Wortschatz, die Wortbildung oder den Satzbau betreffen.
Übernahmen aus dem Englischen (oder einer anderen Sprache) sind zunächst einmal grundsätzlich möglich, manchmal sogar notwendig, etwa wenn es noch kein deutsches Wort für einen Begriff gibt. Eine Alternative dazu wäre, ein neues deutsches Wort für den Begriff zu finden. Oft werden jedoch Konstruktionen übernommen, für die es im Deutschen ein entsprechendes Wort gibt. Ein Fall, der in Wirtschaftstexten besonders häufig auftritt, ist die Verwendung der aus dem englischsprachigen Raum stammenden Fügung „in + Jahreszahl“. Im Deutschen dagegen gilt die Jahreszahl ohne Präposition oder die Fügung „im Jahre + Jahreszahl“ als standardsprachlich korrekt.
Beispiele:
In 2015 erhielten die Mitarbeiterinnen einen Bonus in Höhe von 250 Euro. (Falsch)
Im Jahre 2015 erhielten die Mitarbeiterinnen einen Bonus in Höhe von 250 Euro. Oder: 2015 erhielten die Mitarbeiterinnen einen Bonus in Höhe von 250 Euro. (Beides richtig)
Ebenso falsch ist die wortwörtliche Übersetzung von „rollout“ als „das Ausrollen“ oder aber die Übernahme des Begriffs „Rollout“. Darauf stößt man vor allem in Unternehmenstexten. Korrekterweise würde man hier im Deutschen (je nach inhaltlichem Schwerpunkt) von einer Markteinführung oder einfach nur einer Einführung sprechen.

Scheinanglizismen

Scheinanglizismen sind Begriffe, die vom Klang her aus dem Englischen stammen, es aber in Wirklichkeit nicht sind. Sie hören sich nur so an.
Beispiele:
Ein Mobiltelefon wird im Deutschen auch als Handy bezeichnet. Auf Englisch nennt man Mobiltelefone dagegen „mobile phones“ oder „cellular phones“, niemals würden Briten und Amerikaner dazu Handy sagen.
Als Bodybags werden in Deutschland inzwischen Rucksäcke bezeichnet. Etwas makaber, denn im Englischen versteht man unter „body bags“ Leichensäcke. Noch schräger wird es, wenn man erfährt, dass es im Englischen kein eigenes Wort für Rucksack gibt und deshalb das deutsche Wort auch im Englischen verwendet wird.

Was ist also dran am Sprachverfall?

Wir können festhalten, dass in der Vergangenheit immer dann das deutsche Wort verwendet worden ist, wenn es für eine bestimmte Sache einen deutschen Begriff gab. Heute nehmen wir für solche Fälle nicht mehr so gern ein deutsches Wort. Besonders schön zu sehen ist das beim „Winter- und Sommerschlussverkauf“, die einfach vom „Sale“ abgelöst wurden. Die Veränderung liegt wohl darin begründet, dass Englisch immer mehr zur Weltsprache geworden ist und besonders in Deutschland sehr beliebt ist.
PR-Abteilungen und -Agenturen schreiben Werbetexte, die mithilfe der englischen Begriffe dynamischer, weltoffener und moderner klingen sollen. Mit der Intension, dass die Produkte einen „coolen Touch“ erhalten und sich in der Folge besser verkaufen. So schleichen sich englische oder englischklingende Wörter in unseren Alltag ein, die die deutsche Sprache im Grunde überhaupt nicht bräuchte. Gerade hier sind wir als Lektorinnen und Lektoren gefragt (wenn wir denn gefragt werden): aufzeigen, wenn falsches Deutsch verwendet wird und alternative Vorschläge unterbreiten, wenn es der Zielgruppe gerecht wird.
Über die Autorin
Gastautorin Katja Rosenbohm_Die Orthograefin_2016.jpg
Katja Rosenbohm alias „Die Orthogräfin“ lektoriert und textet freiberuflich für Unternehmen. Außerdem bloggt sie über sprachliche Alltagsfundstücke und Themen rund ums Lektorat und das Texten.
Website: www.die-orthograefin.de
Blog: blog.die-orthograefin.de
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