Blogwichteln 2018: Rezension »Artemis«

Auch 2018 haben wir im großartigen Netzwerk Texttreff zur Weihnachtszeit wieder Wichtelpartnerinnen ausgelost, und mein »Blogwichtel« Cordula Natusch, die ebenfalls begeisterte Fantasy- und Scifi-Leserin ist, hat mich mit der Rezension eines Titels beschenkt, den ich noch nicht gelesen oder gehört habe. Herzlichen Dank!


Artemis. Wirtschaftskrimi und Techno-Thriller auf dem Mond

Wie überlebt der Mensch im äußerst lebensfeindlichen Weltall? Dieses Thema hat es Andy Weir offensichtlich angetan, denn nach seinem Welterfolg „Der Marsianer“ spielt sein zweiter Roman „Artemis“ nun auf dem Mond.

Jasmin Bashara lebt in Artemis, der einzigen Stadt auf dem Mond, arbeitet als Botin und bessert nebenbei ihr Einkommen durch ein einträgliches Schmuggelgeschäft auf. Für die Einwohner Artemis‘ beschafft Jazz, wie sie allseits nur genannt wird, dank guter Kontakte zur Transportbehörde auf der Erde so ziemlich alles, was in der Hochsicherheitszone namens Mond eigentlich verboten ist. Doch das Leben auf dem Erdtrabanten ist teuer, selbst mit den Einkünften aus ihren kriminellen Machenschaften kann sich Jazz nur ein winziges Zimmer ohne eigenes Bad leisten. Und so kann sie der Versuchung nicht widerstehen, als der Milliardär Trond Landvig einen ganz besonders gesetzeswidrigen, aber exzellent bezahlten Auftrag für sie hat. Sie sagt zu und von diesem Moment an geht schief, was schief gehen kann. Plötzlich muss Jazz um ihr Leben fürchten.

Obwohl natürlich das ungewöhnliche Setting auf dem Mond bestimmend ist für Weirs zweiten Roman, ist „Artemis“ mehr ein Wirtschaftskrimi als ein Wissenschaftsthriller. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Wirtschaftsunternehmen, die es auf dem Mond geben könnte, sowie ihre Bedeutung für die Mondstadt, aber auch für die Erde. Auf jeder Seite im Roman erwartet die Protagonistin ein neues Problem, das sie mit ihren begrenzten Mitteln und unter den komplizierten Bedingungen auf dem Mond lösen muss. Dabei jongliert Weir mit Fakten und Hypothesen, schildert chemische Prozesse und physikalische Hintergründe, konstruiert politische und wirtschaftliche Beziehungen. Diese Beschreibungen waren für mich abwechselnd interessant und langweilig – je nachdem, wie gut ich mich an die Grundlagen aus dem Schulunterricht noch erinnerte. Wirtschaft? Klar, mit Wirtschaft kenne ich mich aus. Biologie und Chemie: auch super, damit kann ich was anfangen. Physik? Na ja, da hörte ich mal großzügig drüber. Letzteres ging übrigens prima, ich als Leserin oder Hörerin muss zum Glück die Aufgaben, die sich Jazz stellen, nicht selbst lösen. Ein gewisses naturwissenschaftliches Grundverständnis und Interesse an wirtschaftlichen Themen erhöhen aber ganz sicher das Vergnügen an diesem Roman.

Allerdings erinnert der Spannungsbogen in „Artemis“ trotz der unterschiedlichen Geschichten doch arg an den „Marsianer“. Eine Schwierigkeit taucht auf, Jazz macht sich auf den Weg, sie aus dem Weg zu räumen (und erläutert nebenbei die wissenschaftlichen Hintergründe), doch am Ende erwartet schon die nächste Schwierigkeit und alles beginnt von Neuem. Das macht die Handlung einerseits aktionsreich, andererseits aber auch vorhersehbar. Wer Weirs erstes Buch gelesen hat, kennt dieses Prinzip schon – bis hin zum großen Showdown, an dem alles zu scheitern droht. Zum Glück ist es Weir auch dieses Mal wieder gelungen, eine überzeugende Hauptfigur zu schaffen, die die Geschichte trägt und Langeweile verhindert. Jazz ist clever und eigenwillig sowie jederzeit selbstbewusst auf ihren Vorteil bedacht, aber auch auf ihre Art integer und fürsorglich. Ein sympathischer Charakter, auch wenn es sich dabei um eine Kleinkriminelle handelt. Gelesen wird der Roman übrigens von Gabrielle Pietermann, deren jugendliche Stimme gut Jazz‘ trotzigen und etwas schnoddrigen Art passt und deren Stimmung gut transportiert.

Fazit: Keine hohe Literatur, aber ein schlauer Roman, der ein paar kurzweilige Lese- oder Hör-Stunden bietet.

Artemis. Von Andy Weir. Hörbuch. Gelesen von Gabrielle Pietermann, Marius Clarén. Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski.

Cordula Natusch ist freiberufliche Texterin, Redakteurin und Fachlektorin für Wirtschaft in Hamburg. Sie liest aber nicht nur Wirtschaftsliteratur, sondern auch viel Belletristik, Fantasy und Science Fiction.

www.redaktion-natusch.de

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  1. Eine tolle geschriebene Rezension, aber das Buch selbst wäre nichts für mich. Das wäre mir dann doch zu viel Phsyik und auch Chemie, mit dem ich beiden nur wenig anfangen kann. Das waren echt nicht meine Lieblingsfächer in der Schule und ich muss gestehen, dass mir da einfach das Verständnis für fehlt :D. An sich aber eine interessante Idee und ein fesselndes Gedankenspiel, wie eine Stadt auf dem Mars wohl aussehen könnte.

    Dankeschön für das liebe Kompliment Kerstin <3. Ja da saß ich auch etas länger dran, aber ich behalte so ja auch selbst die Übersicht, was ich ganz praktisch finde.
    Wünsche dir dann ganz viel Spaß mit "The Expanse" ;).

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